Hingerissen von der Jagdmusik
Internationale Rosetti-Festtage im Ries – Konzert mit Naturhorn und Klavier
Ein Künstler besonderer Art verwandelte das Reimlinger Schloss für einen Abend in ein Jagdschloss, denn er beherrscht das Instrument, das sich wegen des Jagdvergnügens im 18. Jahrhundert an den adeligen Höfen in den Unterhaltungsstunden der größten Beliebtheit erfreute: das Waldhorn. Aber nicht, wie man es heute kennt, mit Ventilen und fest eingebauten Bögen, sondern als ein sogenanntes Naturhorn, ein gut 4 Meter langes, entsprechend geformtes und eingerolltes Rohr mit Schalltrichter, dem man beim Blasen 16 natürliche Töne entlocken kann. Diese Töne haben verschiedene Abstände, sodass man die dazwischen liegenden Ganz- und Halbtöne nur dadurch erzeugen kann, dass man mit der Faust in den Schalltrichter drückt. Durch dieses „Stopfen“ stehen außer den von der Jagd bekannten Signaltönen auch die für ein Hornkonzert erforderlichen, allerdings dadurch dumpf klingenden Töne zur Verfügung. Diese Spielkunst versteht kaum ein anderer so virtuos auszuüben wie Wilhelm Bruns, der neben seiner Konzerttätigkeit eine Naturhorn-Akademie in Bad Dürkheim leitet.
Da auch die am Wallersteiner Hof zu Zeiten des Fürsten Kraft-Ernst der Jagdlust gefrönt wurde, war es für Antonio Rosetti, den Wallersteiner Hofkomponisten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Selbstverständlichkeit insgesamt 24 Hornkonzerte zu komponieren. Damit war er aber in dieser Zeit nur einer unter vielen. Auch Ludwig van Beethoven und Wolfgang Amadeus Mozart schrieben Stücke für dieses, für anspruchsvolle Kompositionen noch recht unhandliche, Instrument. Seine „Sonate für Horn und Klavier F-Dur“ entriss Beethoven dem üblichen Jagd-Klischee durch die Einfügung einer gesanglich klingenden Gavotte-Melodie, die sich der Hornist mit seiner Klavierbegleiterin Ulrike Payer teilte, eine der vielseitigsten Pianistinnen unserer Zeit und Trägerin vielfältiger Musikpreise. Bei ihrem folgenden Soloauftritt mit einer genialen Klavierbearbeitung Franz Liszts des Liedes „Auf den Flügeln des Gesangs“ von Mendelssohn-Bartholdy spielte sie sehr einfühlsam mit eindringlichem emotionalem Ausdruck.
Nun war aber Rosetti an der Reihe mit dem „Hornkonzert Es-Dur“, das im Repertoire von vielen heutigen Hornsolisten zu finden ist, aber selten mit einem Naturhornisten wie Wilhelm Bruns. Johann Türrschmidt, Sohn eines Wallersteiner Kollegen von Rosetti, soll mit diesem Konzert im Jahr 1780 sogar bei einer internationalen Tournee in Paris gastiert haben. Hierbei konnte nun vorgeführt werden, wie die Jagdmotive geschickt in ein Konzert eingefügt wurden, das überraschender Weise aber auch eine ausdrucksvolle Romanze enthält, aber in einem heiteren Rondo schließlich zur unterhaltsamen Schilderung des Jagdvergnügens viele virtuose Elemente bot.
Dies erlebte man auch bei der mit Jagdsignalen beginnenden „Fantasie für Horn und Klavier, F-Dur“ des Louis-Emmanuel Jadin, der seiner Hornmusik durch seine Herkunft auch noch die Eleganz des Hofes von Versailles verlieh. Mit Felix Mendelssohn-Bartholdys „Rondo Capriccioso“ ergänzte Ulrike Payer die Musik mit dem durch die Assoziation mit Jagd und Reiterei als ausgesprochen männlich angesehenen Instrument mit einer bewegten Emotionalität. Ihre hervorragende Spieltechnik und ihre einfühlsame Begleiterfähigkeiten ließen schließlich auch das „Hornkonzert Es-Dur“ von Mozart im Zusammenspiel mit Wilhelm Bruns für das Publikum zu einem Erlebnis werden, das davon hingerissen mit regelrechten Ovationen applaudierte und den Solisten noch zur Zugabe aus Jagdmotiven aus Rossinis Opern motivierte. (emy)
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